Film- & Bühnenarchitektur
André Chénier
Ob als Filmkulisse für James Bond oder riesige Public Viewing Arena während der Europameisterschaft, die Bregenzer Seebühne hat ihre Vielseitigkeit schon oft unter Beweis gestellt. Am 20. Juli, wenn Umberto Giordanos Oper „André Chénier“ Premiere feiert, dient sie allerdings wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung und wie gewohnt haben die Initiatoren der Festspiele auch für diese Spielzeit ein spektakuläres Bühnenbild entworfen.
Regisseur Keith Warner und Bühnenbilder David Fielding wählten „Der Tod des Marat“, das bekannteste Gemälde des Revolutionsmalers Jacques-Louis David, als Basis, Inspiration und Symbol für ihre Inszenierung. Jean-Paul Marat galt als einer der radikalsten Führer der Französischen Revolution auf Seiten der Jakobiner und wurde von Charlotte Corday, eine Anhängerin der Girondisten, im Jahr 1793 in seiner Badewanne erstochen. Der Dichter André Chénier, dessen Schicksal Inhalt der Oper ist, widmete der Mörderin Marats eines seiner Gedichte bevor er ein Jahr später während Robespierres Schreckensherrschaft seinen Kopf verlor.
Somit ähnelt das Bühnenbild des Spiels auf dem See erstmals einer historischen Darstellung und auch beim Entwurf beschritten die Bregenzer Festspiele und Gestalter Fielding diesmal völlig neue Wege: Das Gemälde von David wurde gemeinsam mit CAD-Designern digitalisiert, angepasst und mit Hilfe eines 3D-Druckers in ein 1:100-Modell ausgegeben. Die erhaltene Modell-Skulptur wurde dann von Bildhauer Frank Schulze, dem Leiter der Kaschurabteilung, überarbeitet und erneut eingescannt. Diese neuen Modelldaten erlaubten die Kontrolle der Richtigkeit der digitalen Verarbeitung und bildeten darüber hinaus die Grundlage für die Werkstattpläne der ausführenden Firmen, die eine handwerkliche Meisterleistung vollbrachten: 14 Meter hoch, 16 Meter breit und insgesamt 60 Tonnen schwer ist schon allein der Kopf des Torsos, welcher hydraulisch nach hinten geklappt werden kann und so den Blick auf das „Gehirn“ der Figur frei gibt. Dort befindet sich ein sieben Meter hoher Stapel überdimensionaler Bücher, die ebenso wie die Treppen auf der Vorderseite des Torsos als Spielfläche dienen.
Ein goldener Spiegel, ein altes Buch und der Brief, den der tote Marat des Gemäldes in seiner Hand hält, verleihen dem Bühnenbild der Oper seinen historischen Touch.