La Fabrique des Contes, Genf

Mutige Helden, sprechende Tiere und magische Wälder: Wir alle kennen solche Geschichten, die zum kulturellen Gedächtnis einer jeden Gemeinschaft bzw. eines jeden Volkes gehören. So widmet sich mit der Ausstellung „La fabrique des contes“ nun auch das Musée d’ethnographie de Genève dem wundersamen Universum europäischer Märchen. Die Tatsache, dass Märchen Konstruktionen sind, um unsere Welt zu erklären, dient dabei als Ausgangspunkt der Szenografie, die aus der Feder von Holzer Kobler Architekturen stammt und die Schau in drei Teile gliedert: in den Prolog/Epilog, in das „Reich der Märchen“ sowie in die Kehrseite hinter den Kulissen jener Illusionswelt. Der Prolog fungiert dabei gleich einer audiovisuellen Schwelle, welche die Besucher von der realen in die imaginäre Welt führt. So mündet die abstrakte, weiße Schleuse in einem monumentalen, schmiedeeisernen Tor, das den Eingang zur eigentlichen Ausstellung markiert. Dahinter eröffnen sich labyrinthische Gänge, die in ihrer funktionalen Konstruktionsweise vielmehr an einen Backstage-Bereich als an illusionistische Fantasiewelten erinnern. Jener Teil „Die Fäden der Märchen“ thematisiert selbstreflexiv die eigene Gemachtheit – auf narrativer wie szenografischer Ebene. So wurde die tragende Holzstruktur für die stützenden und technischen Installationen zum Gestaltungsprinzip erhoben, in welchem die Herstellung von Märchen, deren Urheber sowie die vielfältigen Übersetzungsweisen verhandelt werden. Einen starken Kontrast zu jener Szenerie hinter den Kulissen bilden dagegen die acht frei im Raum verteilten Märchenkabinette: Von außen nicht einsehbar, offenbaren sich hier unterschiedliche immersive Welten, in denen je ein Märchen inszeniert, illustriert und anhand zahlreicher Exponate erzählt wird. Den Abschluss der Schau bildet ein neunter Subraum mit dem Titel „La Fabrique“ als Laboratorium der lebendigen Geschichte. Hier werden die Besucher eingeladen, selbst zum Geschichtenerzähler zu werden und mittels künstlerischer Interventionen oder spielerischem Entdecken eine eigene poetische Reise zu gestalten.