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PAVILLON DEUTSCHLAND | EXPO 2017

POSTED 19.07.2017
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Auf der EXPO 2017 in Kasachstans Hauptstadt Astana geht es um die „Energie der Zukunft“. Wie diese allerdings aussehen soll, darüber gehen die Meinungen in den Länderpavillons weit auseinander: Während China, Frankreich und Russland auf Atom-Energie setzen, will Deutschland für die Energiewende werben und zeigen, welche Potenziale die Kräfte der Natur bergen und wie sich die Menschen diese Urgewalten zunutze machen können. Für die Gestaltung des Pavillons zeichnet dabei die Arbeitsgemeinschaft aus gtp2 architekten, insglück und mac messe- und ausstellungscenter Service verantwortlich, die eindrücklich demonstrieren möchte, wie die Energiewende „Made in Germany“ funktionieren kann. PLOT war vor Ort und hat sich – ganz umweltverträglich – überzeugen lassen.


von Janina Poesch

 

Deutschland beherrscht sein Handwerk – sogar so gut, dass der Deutsche Pavillon auf der EXPO 2017 in Astana zehn Tage vor dem offiziellen Eröffnungstermin fertiggestellt werden konnte. „Das gesamte EXPO-Team hat wochenlang rund um die Uhr gearbeitet, damit sich der Deutsche Pavillon zur Eröffnung im perfekten Zustand präsentiert. Unter teils schweren Bedingungen, ist es dank des Engagements aller Kollegen und Beteiligten schon zu den Testläufen vor der Eröffnung gelungen, unsere Ideen Realität werden zu lassen“, so Detlef Wintzen, Geschäftsführer von insglück. Die Berliner Agentur für Live-Kommunikation zeichnet zusammen mit gtp2 architekten und mac messe- und ausstellungscenter Service erstmalig für Konzeption, Planung und Realisierung des Deutschen Pavillons verantwortlich. Auf 1.250 Quadratmetern widmet sich die Arbeitsgemeinschaft dabei unter dem Motto „Energy on Track“ dem übergreifenden EXPO-Thema „Future Energy“ und präsentiert nun anhand von interaktiven Exponaten nachhaltige Technologien, innovative Verfahren und wegweisende Lösungen im Bereich der Energieversorgung.

 

Dramaturgisch erleben die Besucher die Ausstellung in einer Art Zoombewegung: von der globalen Perspektive bis hin zum einzelnen Menschen – und seiner eigenen Energie im veränderten Umgang mit den Ressourcen. Die etwa 5.000 bis 8.000 Gäste täglich werden dabei gleich zu Beginn in den Pavillon „eingesogen“: Mit einer einladenden Geste wurde die Fassade des Pavillons geöffnet und ein trichterförmiger Gang lenkt Interessierte nun ganz automatisch in die Schau. Die hier gezeigte Ausstellung der 16 deutschen Bundesländer verkürzt nicht nur die Wartezeit, sondern gibt mit Schautafeln und Filmen unter anderem erste Einblicke in die Energiewende „Made in Germany“.

Nach einer persönlichen Begrüßung gelangen die Besucher schließlich in einen dunklen Raum, der als Prolog fungiert und in dem anhand von großformatigen Naturaufnahmen fünf Hoffnungsträger vorgestellt werden, die als erneuerbare Energieträger innovative Möglichkeiten bieten: Windkraft, Solarenergie, Wasserkraft, Geothermie und Biomasse. Fünf Farbstreifen – die Energielinien – führen dabei durch den Raum, gehen in die „Karte der Zukunft“ und damit in den ersten Ausstellungsbereich über. Auf einer überdimensionalen Landkarte auf Boden und Wänden wird hier die Welt im Wandel abgebildet und Besucher können aus der Vogelperspektive die Potenziale regenerativer Energien erforschen. Jeder Hoffnungsträger wird dabei in ein interaktives Exponat übersetzt und in dem vorwiegend Weiß gehaltenen Raum werden neben konkreten Kooperationsprojekten (wie der erste kasachische Windpark Yerementau I, der mit deutscher Unterstützung gebaut wurde), auch Themen wie intelligente Vernetzung oder die Energiespeicherung der Zukunft anschaulich dargestellt. Dank sogenannter Smartsticks, die den Pavillongästen beim Eintritt ausgehändigt werden, werden die insgesamt 15 Exponate aktiviert. Besucher können mit den schlanken Kunststoff-Plättchen, die auf eine der vier Pavillonsprachen kodiert werden können, nicht nur Wissen, sondern im übertragenden Sinn zeitgleich auch Energie sammeln, die als Smartpoints auf diesen Sticks gespeichert werden.

Mit dem zweiten, etwas kleineren Ausstellungsbereich „Stadt der Zukunft“ lenken die Gestalter den Blick schließlich auf das unmittelbare Lebensumfeld der Menschen und Interessierte können erfahren, welche Auswirkungen die Umstellung auf erneuerbare Energien auf ihr alltägliches Leben hat. Gezeigt werden Technologien, Systeme und Produkte aus den Bereichen Bauen und Mobilität – vom Smart Home über eine Algenfassade bis hin zu Elektrofahrzeugen. Auch hier können die Pavillongäste mit dem Smartstick „arbeiten“ und im Idealfall bis zu 560 Smartpoints sammeln. Und diese können sie auch gut gebrauchen: In der abschließenden „Energy-Show“ werden in einem verspiegelten Raum alle Smartsticks gemeinsam auf einem großen runden Tisch abgelegt. Die gesammelten Smartpoints werden medienwirksam vereint und verwandeln sich in energiegeladene Lichtimpulse, die sich schließlich zu einer Lasershow, begleitet von immersiven Projektionen und Surround-Sound steigern. Die Besucher erleben hier, wie sich die Welt um sie herum verändert – ausgelöst durch ihr eigenes Handeln. Das Gemeinschaftserlebnis soll so den Menschen als wichtigsten Treiber der Energiewende in den Fokus stellen und als Symbol für die Kraft des Einzelnen im Verbund mit seinen Mitmenschen stehen. „Das ist unser Highlight“, ist sich Detlef Wintzen sicher: „Die emotionale Show zeigt den Besuchern, dass die Energiewende nur Realität wird, wenn alle mithelfen. Wir sind überzeugt, mit der Ausstellung nicht nur Deutschland als wesentlichen Treiber politisch, wirtschaftlich und technologisch optimal präsentieren zu können, sondern auch alle Besucher mit der Gewissheit zu entlassen, dass sie es sind, die die Welt verändern können – your energy can change the world!“

 

Ja, Deutschland beherrscht sein Handwerk! So ist dank deutscher Tugenden – und einem Gesamtbudget von 15 Millionen Euro – auch eine Inszenierung gelungen, die dramaturgisch sehr gut aufgebaut, konzeptionell sehr gut gedacht, didaktisch gut aufbereitet und trotz der erschwerten Bedingungen auch sauber ausgeführt wurde. Es ist eine Freude zu beobachten, wie sich die Pavillon-Besucher die Inhalte zu Eigen machen und dabei keinerlei Berührungsängste entstehen. Detlef Wintzen hat Recht: Deutschland wurde in der Tat „politisch, wirtschaftlich und technologisch optimal präsentiert“. Was allerdings schade ist, ist die Tatsache, dass wir Deutschen eben doch nicht so recht aus unserer Haut können, dass Kunst und Kultur leider immer wieder eine untergeordnete Rolle spielen und sich dies auch auf der EXPO nur durch ein schales Rahmenprogramm mit „international erfolgreichen Stars“ wie Joja Wendt, Die Lochis oder Fools Garden niederschlägt. Da wäre doch mit Sicherheit noch einiges mehr zu holen gewesen, wenn der „Motor“ der „Deutschen Kulturlandschaft“ schon in der Ausstellung keine Erwähnung findet oder als Inspirationsgeber dient. Da sind wir lieber damit beschäftigt, unsere eigenen Klischees zu bedienen, Weißbier mit Schweinshaxe im Restaurant des Deutschen Pavillons zu servieren und im Souvenirladen „landestypische“ Teddybären in Lederhosen zu verkaufen. Aber das wird ja nun mal so von uns erwartet …

Wann wir endlich über den deutschen Tellerrand hinausschauen werden und uns trauen, neue Pfade zu gehen, damit altradierte Mittel und Wege zu verlassen und doch auch mal für eine Überraschung gut sind, bleibt immer noch abzuwarten. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf – schließlich müssen auch Handwerker mal ihr Werkzeug nachrüsten!

FACTS

Projekt:

Pavillon Deutschland, EXPO 2017

Gestaltung:

Arbeitsgemeinschaft aus
gtp2 architekten, Düsseldorf (DE) > www.gtp2-architekten.de
insglück Gesellschaft für Markeninszenierung mbH, Berlin (DE) > www.insglueck.com
mac messe- und ausstellungscenter Service GmbH, Langenlonsheim (DE) > www.mac.de

Gestaltung/Medien:

GROSSE8 | Visuelle Kommunikation GmbH & Co. KG, Köln (DE) > www.grosse8.de
TAMSCHICK MEDIA+SPACE GmbH, Berlin (DE) > www.tamschick.com

Standort:

Astana (KZ)

Zeitrahmen:

10.06.2017–10.09.2017

Auftraggeber:

Hamburg Messe und Congress GmbH, Hamburg (DE) > hamburg-messe.de
im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), Berlin (DE) > www.bmwi.de

Fotos:

Andreas Keller Fotografie, Altdorf (DE) > www.keller-fotografie.de
Hamburg Messe und Congress GmbH, Hamburg (DE) > hamburg-messe.de