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Ausstellungsgestaltung

GARTEN DER IRDISCHEN FREUDEN

POSTED 24.09.2019
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In dieser fantastisch kuratierten Ausstellung im Martin Gropius Bau Berlin wird anhand verschiedenster künstlerischer Positionen ein räumliches Thema durchdekliniert: der Garten. Über 20 internationale Künstler widmen sich hier dem Motiv des Gartens als eine erweiterte Metapher für den Zustand der Welt, um die Zusammenhänge unserer als immer komplexer wahrgenommenen Gegenwart zu erforschen. Soziale, politische und ökologische Phänomene wie Migration, Globalisierung und Kapitalismus sowie Kolonialismus und Entwurzelung, menschgemachter Klimawandel sowie die Zukunft der Welt als Ort bieten sich da natürlich inhaltlich an. Aber auch die Herkunft des Menschen und das Konzept des Paradieses – wörtlich „pairi daēza“ oder: eingezäunte Fläche, also Garten in der Wüste, der mit sattem Grün, Üppigkeit in Farben, Gerüchen und süßen Geschmäckern bis heute das Bild des Paradieses bestimmt – und somit auch religiöse Themen werden verhandelt.

Außerdem werden mit der Ausstellung Strategien aufgezeigt, den Garten als Ort und Spiegel der Gemeinschaft subversiv zu instrumentalisieren und so im wahrsten Sinne des Wortes zum politischen Nährboden zu machen. So konfrontiert uns etwa der aus zerschlagenen Coca-Cola-Flaschen bestehende „Rasen“ der südafrikanischen Künstlerin Lungiswa Gqunta mit der Tatsache, dass Rasenflächen ein Symbol der Macht sind, an denen die noch immer tief rassistische Gesellschaft in Südafrika sichtbar wird (indem sie nicht für diejenigen zugänglich sind, die den Rasen pflegen: meist schwarze Arbeiter für weiße Herren). In dem Video von Tacita Dean, die den Lyriker Michael Hamburger kurz vor seinem Tod in seinem berühmten Garten im Exil in England beim Sammeln und Ernten seltener Apfelsorten als poetische Überlebensstrategie begleitet, wird das Handeln im „Paradies“ zum politischem Akt im Privaten. Das Video von Pippilotti Rist wiederum, unter dem Besucher liegend zwei nackten Frauen scheinbar beim Spielen folgen oder die immersive Installation Hicham Berradas, die vor allem gerochen werden kann, heben auch positive Assoziationen von Spiel und Erleben, sinnlichem und räumlichem Einlassen hervor und erinnern daran, dass ein Garten auch Schönheit und Genuss sein kann. Der buddhistische Garten und die Kontemplation scheinen dabei immer wieder durch: Ganz konkret bei Taro Shinodas aus Marmor nachgebauten Steinen aus einem Zen-Garten, dann wieder übersteigert in Yayoi Kusamas (typisch für ihre Arbeiten) mit Punkten überzogenem Raum oder sehr humorvoll in Zheng Bos Pterdophilia-Videos (ja, es geht wirklich um Sex mit Pflanzen!). Auch Renato Leottas leise und poetische Installation, die aus ungebrannten Terracotta-Fliesen besteht, die mit den Abdrücken fallender Zitronen aus seinem Garten übersät sind, lädt ein, sich auf das Hier und Jetzt einzulassen, zu erspüren, was nicht da ist bzw. was einen umgibt. Auch das ist gemeint: innehalten, hinhören, hinschauen, würdigen – im Kleinen wie im Großen, im eigenen Garten wie im vermeintlich ach-so-verwirrenden Dschungel da draußen, aufmerksam und menschlich sein, helfen und teilen, nehmen und geben.

FACTS

Projekt:

Garten der irdischen Freuden, Berlin

Gestaltung:

kuratiert von Clara Meister und Stephanie Rosenthal/Berliner Festspiele, Berlin (DE) > www.berlinerfestspiele.de

Künstler:

Maria Thereza Alves, Korakrit Arunanondchai, Hicham Berrada, John Cage, Tacita Dean, Nathalie Djurberg und Hans Berg, Futurefarmers, Lungiswa Gqunta, Libby Harward, Rashid Johnson, Yayoi Kusama, Louise Lawler, Renato Leotta, Isabel Lewis und LABOUR, Jumana Manna, Uriel Orlow, Heather Phillipson, Pipilotti Rist, Maaike Schoorel, Taro Shinoda, Zheng Bo sowie ein Gemälde aus der Bosch-Nachfolge

Standort:

Martin Gropius Bau, Niederkirchnerstraße 7, Berlin (DE)

Laufzeit:

26.07.2019–01.12.2019

Auftraggeber:

Berliner Festspiele, Berlin (DE) > www.berlinerfestspiele.de

Fotos:

Mathias Völzke, Berlin (DE) > www.mathiasvoelzke.com