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Ausstellungsgestaltung

Dauerausstellung im Bürger- und Medien-Zentrum Stuttgart

POSTED 28.03.2018
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Der Landtag Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, im Sinne einer demokratischen Institution politische Aufklärungsarbeit zu leisten und den Bürgern seine Organisation sowie Arbeitsweise näherzubringen. Für das im Juni 2017 nach zweieinhalbjähriger Bauzeit neu eröffnete Bürger- und Medienzentrum im Foyer des Gebäudes entwickelten Christian Hammer und Marzell Ruepp von Echo & Flut aus Stuttgart gemeinsam mit Henning Larsen Architects eine Ausstellung, die über die Themen des Hauses auf unterhaltsame Weise informiert. In Anlehnung an eine Bildergalerie gestalteten sie eine Schau, die unabhängig vom Konferenzbetrieb besucht werden kann und auch für Einzelbesucher selbsterklärend ist. PLOT hat sich die Ausstellung ganz basisdemokratisch angeschaut.

 

von Lena Meyerhoff

 

Basisdemokratisch – da sind sich alle Beteiligten einig, war auch die Zusammenarbeit innerhalb des Stuttgarter Landtags. Dabei setzte sich die Arbeitsgruppe aus je einem Fraktionsmitglied, einem Vertreter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und der Landtagsverwaltung zusammen. Hinzu kamen die Münchner Architekten und Innenarchitekten von Henning Larsen und die Grafik- und Mediendesigner von Echo & Flut. Gemeinsam an einem Tisch erarbeiteten sie eine 200 Quadratmeter große Schau – wobei die meisten inhaltlichen Vorschläge vom Landtag selbst kamen, bevor sie von den Gestaltern zu vorstellungsreifen, ansprechenden und didaktisch wertvollen Exponaten ausgearbeitet wurden. Diese Vorschläge wurden dann in besagter Arbeitsgruppe diskutiert und zur Freigabe für die Fraktionen vorbereitet: Nur ein einstimmiges Ergebnis konnte der Baukommission anschließend zur Freigabe weitergegeben werden, bevor dieses schließlich dem Präsidium des Landtags zur Letztabstimmung vorgelegt werden konnte – ein höchst demokratischer Prozess also, der einiges an Feingefühl und Struktur erfordern mochte. Nach Absegnung konzipierten die Gestalter so 14 Stationen, die den Besuchern als hängende Exponate das Wirken des Hauses und dessen Volksvertretern niederschwellig aufzeigen sollen. Die Innenarchitekten von Henning Larsen, die Modellbauer von Werk5 sowie die Mediengestalter von Echo & Flut arbeiteten insgesamt über ein Jahr lang an dem Vorzeige-Projekt: Gemeinsam wurde konzipiert und die Exponate medial ausgearbeitet; Anzahl, Größe, Form und Materialität festgelegt und die Inhalte damit in den Raum übertragen. So finden sich neben rein digitalen Inhalten wie zum Beispiel einem Landtags-Adventure-Game oder einem interaktiven Zeitstrahl, welcher die Geschichte des Hauses zeigt, auch eine hybride digital-haptische Karte, die als Projektion auf ein Topografie-Modell Baden-Württembergs geworfen wird. Insgesamt sind die Exponate auf jeden Fall zum Anfassen gedacht: Mit dem dreidimensionalen Lageplan oder einem Modell des Plenarsaals mit den darin vertretenen – und natürlich modularen – Fraktionen werden Barrierefreiheit, Ästhetik und Spieltrieb in einer Idee verbaut. „Der große Mehrwert kam durch unseren Anspruch, den Dialog zwischen den Politikern und den Bürgern zu fördern. Das Gesamtkonzept des Bürger- und Medienzentrums beruht darauf, sich nach außen zu öffnen und mit der Agora einen neuen öffentlichen Platz zu schaffen, der für kulturelle und politische Zwecke genutzt werden kann und zum gegenseitigen Austausch einlädt“, so Sabine Haggenmiller, Projektleiterin bei Henning Larsen.

Dieses Prinzip der Transparenz nach außen zieht sich auch durch die Ausstellung: „Ziel war es, die Bürger zum Dialog einzuladen, indem ein Einblick hinter die Kulissen gewährt wird. Aus diesem Grund haben wir Fraktionsmitglieder gebeten, ihren privaten Bezug sowie ihre Motivation für die politische Arbeit zu benennen, was wir mithilfe einer Drehtafel-Station mitsamt persönlicher Zitate gelöst haben“, erklärt Christian Hammer. Ein anderes Exponat zeigt Interviews einiger Abgeordneter, die durch ihren persönlichen Werdegang sowie ihre Wünsche, was sie in der Politik bewegen wollen, eine sehr private Seite publik machen und so ein Stück nahbarer werden – persönliche Einblicke in Anglerleidenschaften oder musikalische Talente an der Akustikgitarre kommen hier zutage. „Anfangs waren die Inhalte der Ausstellung nur in Text- und Bildform auf Plakaten vorhanden, die den Besuchergruppen persönlich erläutert wurden. In Diskussion mit dem Besucherdienst wurde dann der Wunsch groß, eine ansprechende Ausstellung zu entwickeln, die auch von Individualbesuchern und Menschen mit besonderen Bedürfnissen verstanden wird“, meint Haggenmiller. Haptisch erfassbare Modelle waren demnach die logische Konsequenz: Gelungenes Beispiel ist das Topografie-Modell von Baden-Württemberg, das nun mit verschiedenen Projektionen bespielt wird. Auch die Station mit den Klapptafeln, an der die Besucher entweder die aktuelle Sitzaufteilung der Parteien im Landtag anhand der Parteisymbolfarben ablesen, oder die jeweiligen Abgeordneten mit ihrem Porträtbild und ihrer Funktion kennenlernen können, fallen positiv ins Gewicht.

Schon am Tag der Eröffnung konnten Christian Hammer und Marzell Ruepp feststellen, welchen Anziehungsmagnet die Schau mit ihrer Vielzahl an ansprechenden und interaktiven Exponaten darstellt: „An einem Exponat, bei dem die Besucher selbst ihre Stenografiekenntnisse testen können, kam der gewünschte Dialog zwischen den Bürgern ganz besonders leicht zustande“, so Echo & Flut. Hier kann das ältere Publikum, das Stenografie oftmals noch in der Schule lernte, gegenüber den Jüngeren trumpfen. So konnte der Anspruch, einem möglichst breiten Publikum den Zugang zur Politik zu ermöglichen, spielerisch gelingen. Es ist somit eine Ausstellung entstanden, die den Ansprüchen einer modernen und interaktiven Museumspädagogik gerecht wird. Insgesamt wird mit den aus weißem Acrylwerkstoff gebauten nummerierten Hänge-Exponaten, die mit Elementen aus Messing veredelt wurden, eine heterogene Mischung aus analogen und digitalen Inhalten stets ausgewogen und partizipativ präsentiert. Diesen Medien-Mix setzte die Gestaltergruppe auf direkten Wunsch der Landtagsverwaltung um, da das Thema Barrierefreiheit den Auftraggebern ein wichtiges Anliegen war. Auch aus diesem Grund sind alle Exponate mit Braille-Überschriften versehen, um Menschen mit Sehbehinderungen Orientierung zu ermöglichen. Zu Deutsch, Englisch und auch in Leichte Sprache übersetzt, führen die Gestalter Besucher und Politikinteressierte durch den Unterbau des Baden-Württembergschen Landtags und setzen mit ihrer Schau so den demokratisch wichtigsten politischen Grundgedanken um: Teilhabe.

 

FACTS

Projekt:

Dauerausstellung im Bürger- und Medien-Zentrum Stuttgart

Gestaltung:

Echo & Flut GmbH, Stuttgart (DE) > www.echoundflut.com
Henning Larsen Architects, München (DE) > henninglarsen.com
werk5 Modellbau, Berlin (DE) > www.werk5.com

Standort:

Stuttgart (DE)

Zeitrahmen:

01.06.2016–20.07.2017

Auftraggeber:

Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart (DE) > www.vba-stuttgart.de

Fotos:

David Späth, Stuttgart (DE) [1,3,4,6,7,8,10–16] > davidspaeth.com
Jens Willebrand, Köln (DE) [2,17–19] > www.willebrand.com
Manuel Oka, München (DE) [5,9] > manueloka.com