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Film- & Bühnenarchitektur

Filmrezension „A Most Violent Year“

POSTED 23.07.2015
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PLOT war im (Heim-)Kino! Nach dem stoischen Naturkräfte-Drama „All Is Lost“ mit Robert Redford als Überlebenskämpfer auf hoher See, wendete sich der Autor und Regisseur J.C. Chandor mit einem vitalen Ensemble nun dem Genre-Drama zu. Wir waren neugierig und entdeckten den Traum von der unschuldigen Macht: „A Most Violent Year“.

von Alexander Bischoff

Der dritte Langspielfilm des amerikanischen Drehbuchautors und Regisseurs J.C. Chandor ist auf mehreren Ebenen ein gelungenes Stück amerikanischer Filmerzählkunst: Die Geschichte über einen aufsteigenden Heizöl-Großhändler im New York der frühen 1980er-Jahre erzeugt von Beginn an einen charismatischen Sog. Das mehrschichtige Drehbuch, das Chandor selbst verfasste, findet dabei eine musikalische Mischung aus Ruhe und Spannung, und streift die tiefen und diffusen Abgründe der Charaktere in starken, von Ruhe getragenen Szenen und wohldosierten Dialogen. Beide Hauptdarsteller – Oscar Isaac und Jessica Chastain – sind auf der Höhe ihrer Schauspielkunst und eröffnen den Blick in eine funktionierende Ehe zweier starker, immer mächtiger werdender Menschen in der Krise. Oscar Isaac entwirft einen Menschen, der es immer wieder schafft, sich und seinem Umfeld einzureden, es sei möglich, Macht anzusammeln und diese zu erweitern, ohne gegen moralische Regeln oder Gesetze zu verstoßen. Er spielt diese Haltung so doppelbödig, dass der Zuschauer gerade, wenn er beginnt zu glauben, Isaac meine es ernst, ein spitzbübisches Blinzeln zu vernehmen meint.

Für die szenografisch interessierte Zuschauerreihe ist „A Most Violent Year“ als historischer Film sehr spannend: 1981 gilt als eines der gewaltreichsten Jahre in der Geschichte New Yorks. Dementsprechend ist das Szenenbild durchgehend stark, aber unaufdringlich und vermittelt ein heruntergekommenes, zerfallendes New York vor seiner Wiederauferstehung und Bereinigung in den 1990er-Jahren. Dabei wurde die Szenografie schon im Drehbuch sehr feinsinnig durch die Spielorte der Szenen vorgezeichnet und die Wahl der Sets und Drehorte besticht durch ihre zurückhaltende aber effiziente Informationsvermittlung. Die Gegensätze zwischen den unterschiedlichen Arbeits- und Wohnräumen werden dabei stilvoll eingesetzt, um die unterschiedlichen Lebenskonzepte und Machträume zu erzählen. So erscheint der Kontrast zwischen dem Industrie- und Arbeiterumfeld zu der neuen, modernen und transparenten Villa des Protagonisten – ein Sinnbild für den Erfolg und Reichtum des Helden mit seiner dreckigen Arbeit – umso stärker. Die edle Limousine, die er (noch) selbst fährt sowie das staubig und schäbig wirkende Büro unterstreichen diesen Effekt ebenfalls.

Zuweilen erzählen die Räume von unterschiedlichen Strategien ihrer Bewohner im Umgang mit der Macht, und deren Folgen für ihre Leben: Mit einem seiner Konkurrenten im Heizöl-Geschäft verbindet den Protagonisten so etwas wie eine geschäftliche Freundschaft. Diesen Geschäftsfreund besucht er in dessen Festungsvilla – einem riesigen Panic Room-Palast mit Tennisplatz und weiten, hohen Räumen, die von Einsamkeit, Misstrauen und Rückzug erzählen. Die offene und angreifbare moderne Villa des Protagonisten ist hingegen von zugänglicher Natur umgeben und wird im Laufe der Geschichte zum Ziel eines bewaffneten Unbekannten sowie der Staatsanwaltschaft. Im Gespräch mit seinem Geschäftsfreund betont der Protagonist stets, dass er sich nicht in einer Festung verschanzen könne und er die Dinge so angehen und lösen wolle, dass dies nie nötig werde.

Filmliebhabern wird an einigen Stellen des Films also das Herz aufgehen, weil die Macher es schaffen, das immer seltener werdende filmische Stilmittel der geplanten Bild-Allegorie anzuwenden: Plötzlich erzeugen Handlung und Szenografie eine übergeordnete archaisch-archetypische Realität, in der bestimmte Rohstoffe immer auch das Blut einer Gesellschaft bilden, die dafür vorzugsweise mit dem Blut und Leben anderer Menschen zahlt.

 

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A Most Violent Year

 

FACTS

Titel:

A Most Violent Year

DVD-Start:

07.08.2015

Regie:

J.C. Chandor

Drehbuch:

J.C. Chandor

Szenenbild:

John P. Goldsmith

Kamera:

Bradford Young

Fotos:

Universumfilm > www.universumfilm.de

Links: