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Interviews

TRIGGERBANGBANG ÜBER GENERATIVE GESTALTUNG UND RAUMIMPULSE

POSTED 11.07.2017
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„Das selbständige Schreiben von Codes hat in gewisser Maßen auch eine inhärente Ästhetik, die wiederum Einfluss auf unsere Gestaltung hat.“

 

Während ihr Vater in den 1970er-Jahren die Band seiner Geschwister mit avantgardistischen Dia-Projektionen lediglich in seiner Freizeit visuell begleitete, entschieden die vier Brüder Jakob, Moritz, Paul Ray und Philipp Schell 2016 gemeinsam mit ihrem Freund Frederic Seybicke ihr eigenes Hobby – das durchaus Parallelen aufweist – zum Beruf zu machen. Dementsprechend agiert das junge sowie interdisziplinäre Kollektiv aus Medienkünstlern, Designern und Architekten nun seit beinahe zwei Jahren an der Schnittstelle zwischen Szenografie, Licht- sowie Interaktionsdesign und beweist, dass generative Gestaltung Räume durchaus zum Leben erwecken kann. PLOT hat TRIGGERBANGBANG zu ihrer experimentellen Arbeitsweise befragt.


von Janina Poesch

 

Trigger bang bang! Was sich anhört wie der Inhalt einer Comic-Sprechblase ist nicht nur ein elementares Konzept der grafischen Programmiersprache Pure Data – quasi ein Befehl, bei dem ein Eingangssignal in zwei oder mehrere Ausgangssignale vervielfältigt werden kann –, sondern ebenfalls der Name eines jungen Kollektivs, für das der Impuls „Trigger bang bang“ exemplarisch für ihre Arbeitsweise steht: „Wir arbeiten in räumlichen Situationen, wobei wir jegliche Informationen im Raum verarbeiten, steuern, beobachten und beeinflussen oder sogar verstärken können“, fasst Philipp Schell zusammen, der 2016 gemeinsam mit seinen drei Brüdern Jakob, Moritz und Paul Ray sowie dem Freund Frederic Seybicke TRIGGERBANGBANG gründete. „Wir alle haben in den Bereichen Medienkunst, Grafikdesign sowie Architektur studiert und vor etwa zwei Jahren begonnen, Lichtinstallationen zu konzeptionieren. Angefangen haben wir auf Partys und Konzerten und es hat uns großen Spaß gemacht, durch die Stimmung, die wir erzeugen konnten, ein direktes und spürbares Feedback von den Leuten zu bekommen. Dabei haben wir schon immer mit unseren eigens entwickelten Leuchtmodulen gearbeitet, die auf Sound reagieren können. Selbstverständlich werden diese automatisierten Installationen durch Pure Data gesteuert: Da wir unseren eigenen Code schreiben und sowohl Hard- als auch Software selbst entwickeln, können wir jeden Aspekt der Installation kontrollieren und in generatives Verhalten übersetzen – ein wesentliches Element bei der Gestaltung von visuellen Erlebnissen, die in Kombination mit Sound wirken sollen. Zudem haben wir so den größtmöglichen Einfluss auf die Raumgestaltung. Gleichzeitig hat das selbständige Schreiben von Codes in gewisser Maßen auch eine inhärente Ästhetik, die wiederum Einfluss auf unsere Gestaltung hat. Wir stellen Regeln auf, innerhalb derer der Computer Inhalte generiert oder Aktionen auslöst die manchmal auch nicht vorhersehbar sind. Zu Beginn betrieben wir das alles noch als Hobby neben Studium und Beruf, aber letztes Jahr – als wir gemerkt haben, dass wir immer öfter und mit großer Freude zusammen Projekte umsetzen – lag der Schritt nahe, ein Unternehmen zu gründen. Was sich allerdings oft auch etwas komisch angefühlt hat – schließlich mussten wir unter Freunden und Brüdern offizielle und bürokratische Angelegenheiten regeln. Da hat uns unser Humor sehr viel geholfen …“

Mittlerweile entstehen bei TRIGGERBANGBANG nicht nur stimmungsvolle Lichtinstallationen – die fünf Gestalter wirken vor allem bei Ausstellungen, Musikvideos oder Produktentwicklungen mit. „Die Vielfältigkeit der Aufgabenstellungen ist eine große Motivation für uns.“ So konnten die jungen Kreativen bereits für Werner Aisslinger und seine Ausstellung „House of Wonders“ in der Münchner Pinakothek der Moderne tätig werden, diverse Festivals durch spannende Lichtchoreografien illuminieren oder Firmenevents wie zum Beispiel das „AVIAREPS Global Executive Dinner 2016“ in der Berliner PLATOON KUNSTHALLE inszenieren: Unter dem Motto „shaping the future together“ war die von TRIGGERBANGBANG konzipierte Lichtinstallation hier das zentrale Gestaltungselement der Veranstaltung. 27 eigens entwickelte sowie auf einer Wand aufsteigend angeordnete LED-Neonröhren tauchten den Raum in ein waberndes, blaues Lichtermeer und verwandelten die Galerie, die aus 33 aufeinandergestapelten Übersee-Containern bestand, in einen futuristischen Ort. Das Thema des im Airline- und Tourismus-Management international führenden Auftraggebers – die Geschwindigkeit des Transports und des Austauschs – wurde mit der interaktiven beziehungsweise dynamisch bespielbaren Lichtwand somit in den Raum übertragen. Das Ziel von TRIGGERBANGBANG war dabei, die Leuchtmodule nicht als Screen zu verstehenden, sondern vielmehr als integratives Element der Gesamtkonzeption.

Gerade arbeiten die Fünf an einer Installation für das Artlake Festival, das Mitte August 2017 in der Niederlausitzer Heidelandschaft stattfindet. In einer Industriehalle haben sie hier eine Installation entworfen, die mit Nebel und Licht funktioniert und die sowohl tags als auch nachts eine Interaktion mit den Besuchern zulässt. „Ein großer Vorteil an der Arbeit mit generativen Gestaltungsmethoden ist die Skalierbarkeit. Wir sind gerade an einem Punkt, an dem wir uns auch mit größeren Projekten beschäftigen. Auch wenn wir merken, dass wir großen Respekt vor den größeren Maßstäben haben, da mit ihnen auch die Verantwortung wächst, sehen wir diese Aufgaben gleichzeitig als wichtiges Element, um an ihnen zu wachsen und Erfahrungen zu sammeln. Dabei arbeiten wir zwischen den Disziplinen und können beziehungsweise wollen uns gar nicht nur als Medienkünstler, Designer oder Architekten definieren. Ein wichtiger Aspekt unserer Tätigkeit ist, dass wir mit unseren Partnern vor Ort immer individuelle Lösungen entwickeln. Demnach betrachten wir unsere interaktiven Licht- und Soundinstallationen nicht so sehr als eigenständige Objekte, sondern vielmehr als das Ergebnis eines Prozesses. Wir wollen immersive Erlebnisse schaffen, bei denen sich raumgreifende Visuals nicht nur durch figurative Inhalte speisen lassen, sondern selbst Quelle des Inhalts sind.“ Dass mit dieser Denkweise dem jungen Kollektiv noch viele Türen offen stehen werden, scheint damit fast auf der Hand zu liegen …

 

Zu den Personen

2016 von Jakob, Moritz, Paul Ray und Philipp Schell sowie Frederic Seybicke gegründet, steht TRIGGERBANGBANG für ein junges Kollektiv aus Medienkünstlern, Grafikdesignern und Architekten, das dank generativer Gestaltung interaktive Licht- und Soundinstallationen entwickelt. Wesentlich in ihrer Arbeitsweise ist, dass sich anhand der Programmiersprache Pure Data mit einer Vielzahl von zur Verfügung stehenden Objekten Algorithmen konstruieren lassen, die zu komplexeren Systemen zusammengesetzt und als Audio- oder Video-Dateien in den Raum übertragen werden können.

FACTS

Kontakt:

TRIGGERBANGBANG, Berlin und Stuttgart (DE) > www.triggerbangbang.com

Fotos:

Frederic Seybicke/TRIGGERBANGBANG, Berlin (DE) > www.triggerbangbang.com