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Szenografie-Gipfel 2014

POSTED 18.06.2014
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Am 28.04.2014 wurde in Berlin Dahlem der „Szenografie-Gipfel – Für eine neue Qualität der Ausstellungskultur“ ins Leben gerufen. Ein kleiner, aber erlesener Kreis von Ausstellungsgestaltern und Museumspezialisten debattierte am Institut für Museumsforschung über die Zukunft des Ausstellens. PLOT war vor Ort und wird den Diskurs auch in Zukunft begleiten.

von Anne Horny

Das hat Format

Der „Gipfel“ ist nicht ohne Augenzwinkern dem Vokabular des Politischen entlehnt und beschreibt dennoch die Andersartigkeit des gewählten Formats im Umfeld von Biennale, Kongressen, Symposien, Kolloquien et cetera. Während sich vor allem Gestalter aber auch Museumsleiter auf solchen Veranstaltungen in einer Wettbewerbssituation wiederfinden, wurde für das Treffen im Institut für Museumsforschung bewusst ein intimes Format gewählt. Die Konstellation der Diskussions-Gruppen wurde zufällig – durch die Zuhilfenahme eines Drehrads – bestimmt, das jeweils mindestens einen Museumsvertreter und einen Gestalter in Dialog bringen sollte. In diesen Gruppen wurden Argumente gehört und besprochen, dabei war es nicht nur erlaubt sondern sogar erwünscht, spontan Ideen zu entwickeln und gewissermaßen gemeinsam laut zu denken.

Kreativität entsteht aus Reibungskraft

Die These mit der die Initiatoren des Gipfels, Prof. Dr. Gerhard Kilger und Frank den Oudsten, antraten, war durchaus provokant: Ausstellungen stünden aktuell in ihrer Qualität dem Theater und dem Autorenfilm nach. Ein Grund dafür sei die umkämpfte und damit paradoxerweise oft fehlende Rolle des „Ausstellungs-Regisseurs“, der vergleichbar einem Filmautor für eine bestimmte Qualität und eine prägnante Handschrift sorge. Und tatsächlich: Nur selten betritt ein Ausstellungsmacher die Manege, der in seiner Person die Kompetenz des Kurators und des Gestalters räumlicher Inszenierung vereint (man denke an frühe Ausnahmen wie Friedrich Kiesler). Viel häufiger ist es der Fall, dass sich Wissenschaftler und Gestalter als Doppelspitze bewähren müssen. Kompetenzüberschneidung – oder noch schlimmer – ein Kompetenzvakuum sind die Folge. Aber ist tatsächlich die Suche nach einem neuen Berufsbild, in der Art des „Interpretive Planers“, der im angelsächsischen Raum bereits einen festen Platz im Kompetenzgefüge einnimmt, die Lösung? Welche Fähigkeiten nämlich ein solcher „Raumautor“ oder eben „Ausstellungs-Regisseur“ mitbringen sollte, lässt sich ebenso wenig pauschal beantworten wie die Frage nach den Regeln für die Zusammenarbeit der verschiedenen an Ausstellungen beteiligten Disziplinen. Um aber vom Kompetenzvakuum zu einer Kultur der konstruktiven Reibung zu finden, wäre eine Ausbildung des Nachwuchses nach dem Bauhaus-Prinzip sinnvoll, das Experten auch als Generalisten vorsieht. Ausstellungen werden auch in Zukunft von Wissenschaft und Kunst gleichermaßen gespeist werden müssen. Als Gesamtkunstwerke im wagnerschen Sinn müssen sie vom Geist der Zusammenarbeit durchweht werden. Kreativität im Sinne von Schöpfungsfähigkeit entsteht gerade im Ausstellungswesen durch Synergien unterschiedlicher Kräfte – nach dem aristotelischen Prinzip: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“. Mancher mag dies als Absage an den uralten Mythos der unübertrefflichen Kreativität des singulären Künstlergenies verstehen, der einzig aus sich heraus zu schöpfen vermag. Wir verstehen darunter ein Plädoyer für die Überlagerung der Disziplinen als Motor für den Schöpfungsprozess guter Ausstellungen.

Und es geht noch weiter!

Der Szenografie-Gipfel war kein einmaliges Experiment, denn es gibt noch mehr offene Fragen. Im Herbst werden wir deshalb in PLOT#11 die ersten 10 Thesen nochmal öffentlich zur Diskussion stellen. Im nächsten Jahr wird der Gipfel dann in die Schweizer Alpen verlegt – eine Prise Humor muss schließlich sein. Wir sind gespannt wie die in diesem Frühjahr gefassten Pläne der Teilnehmer Form annehmen und sich der Gipfel weiterentwickelt. Denn wenn es zukünftig gelingt, zu wichtigen kulturpolitischen Themen wie beispielsweise der Überarbeitung des Wettbewerbsverfahrens oder zu musealen Metaprojekten wie dem Humboldtforum Stellung zu beziehen und sich einzumischen, dann kann dieser Expertenrunde tatsächlich Bedeutung zuwachsen.

Teilnehmer des 1. Szenografie-Gipfel (im Gruppenbild v.l.n.r.):
Andreas Wenger (FHNW, Basel), Bernhard Graf (Institut für Museologie, Leiter), Anette Rein (Museum Aktuell), Charlotte Tamschick (Tamschick Media+Space GmbH), Gerhard Kilger (Gipfel-Veranstalter), Susanne Wichert (Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim), Eckart Köhne (Deutscher Museumsbund, DMB), Otto Steiner (Steiner Sarnen), Uwe Brückner (Atelier Brückner), Noel McCauley (Studio Duncan McCauley), Céline Kruska (PLOT), Lutz Engelke (TRIAD Berlin), Jan Warneke (DMB, Fachgruppe Ausstellungsgestaltung), Tim Ventimiglia (RAA Berlin), Frank den Oudsten (Gipfel-Moderator), Thomas Hammacher (Kurator, Essen), Stefan Iglhaut (Iglhaut + von Grote), Johannes Missall (VerA – Verband der Ausstellungsgestalter), Matthias Henkel (Kunsthistoriker, Museums- und Markenberater, Berlin), Barbara Rüschoff-Thale (Kulturdezernentin, LWL), Bodo-Michael Baumunk (freier Ausstellungsmacher), Nicola Lepp (Kulturwissenschaftlerin und Ausstellungskuratorin)

FACTS

Veranstaltung:

Szenografie-Gipfel

Standort:

Institut für Museumsforschung, Berlin Dahlem

Zeitrahmen:

28.04. – 29.04.2014

Fotos:

© Erika Wobser, PLOT