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Ausstellungsgestaltung

FASHION TALKS! | Museum fur Kommunikation

POSTED 22.03.2013
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Mode spricht! So kündigt zumindest ein knallrotes Plakat die gleichnamige Schau im Frankfurter Museum für Kommunikation an. Die hier gezeigte Wanderausstellung zum Thema Mode als Kommunikationsmedium zeigt uns, wie Mode Botschaften aussendet, was Kleidung über uns offenbart und in welchem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Spannungsfeld sie sich bewegt.

von Claudia Kamb

Noch bevor wir als Besucher die Ausstellungsräume betreten, die vom Berliner Büro Franke | Steinert in Zusammenarbeit mit der Modedesignerin Bitten Stetter konzipiert wurden, halten wir kurz inne und bemerken, dass „Fashion talks!“ nicht nur bedeutet, dass Mode spricht, sondern dass auch Gespräche über Mode stattfinden. Und sobald wir in das erste der acht Kapitel – wie die einzelnen Zu- oder Abschnitte der räumlich voneinander getrennten Themeninhalte genannt werden – eintauchen, liegt die Vermutung nahe: Hier steckt Kalkül dahinter. Wir werden mit einer leisen Stimme konfrontiert, die uns bekannte Fragen stellt: „Was soll ich anziehen?“, „Wozu anziehen?“, „Hab ich was zu sagen?“, „Ist mein Style nur eine Farce?“, „Weiß ich überhaupt, wer ich sein will?“ Dabei sind wir von Spiegeln umgeben und können uns schlecht unserem eigenen Erscheinungsbild und der audiovisuellen Auseinandersetzung mit unserem Ich entziehen. Die von der Berliner Kommunikationsdesignerin Ariane Spanier gezeichnete Wandgrafik „Style Stones“ richtet zudem den Blick zurück in die Vergangenheit und damit auf die Geschichte der Mode seit der Erfindung der Nähmaschine.
Beim Übergang zum nächsten Ausstellungsbereich begleitet uns die leise Stimme weiter. Zwar nicht mehr so deutlich wahrnehmbar, aber sie bleibt uns im Ohr und erschwert zeitweise sogar die Konzentration auf den formellen Inhalt des nächsten Themenblocks: Hier geht es um Uniformität in der Mode beziehungsweise um die Uniform an sich und ihren Bezug zur Modewelt. Wer hier eine angeglichene Aufreihung von ebensolchen Kleidungsstücken und ihren jeweiligen Geschichten erwartet, wird stattdessen von einer Schar bunter „Vögel“ in einem riesigen goldenen Käfig empfangen. Modepuppen drängen sich dicht an dicht und buhlen – in ihren fantasievollen Uniformcollagen – um unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Die weiterführende inhaltliche Ausführung zum Thema findet sich umläufig. Über die dazugehörenden Rangabzeichen, Orden und andere Symbole wird kurz und prägnant mit Hilfe von Accessoires Bezug genommen, die – wie eben jene Abzeichen – heute Status und soziale Einordnung ermöglichen. Was uns allerdings im Kopf bleibt, ist der riesige goldene Käfig…
Die Reise geht weiter zur Modebranche und ihren vielfältigen Kampagnen. Bei einem Schaukastenbummel werden Trendthemen anhand von Produkt- und Kampagnenbeispielen bewusst ausgesuchter Marken illustriert. Modekonzerne orientieren sich schließlich am Puls der Zeit, nehmen relevante Themen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen auf und bleiben so nah am – kaufkräftigen – Kunden. Diese inhaltlich umfangreichste Box lädt ausdrücklich zum Verweilen und Studieren ein. Dabei drängen sich aufgrund der abstrakten Sitzgelegenheiten aus stufig angeordneten Euro-Paletten Assoziationen zu griechischen Theatern oder aber auch zu den exklusiven Zuschauerrängen einer Modenschau auf.
Nach diesem Einblick in die Welt des Modemarketings und ihrer Mechanismen verlangt das Besucherhirn nach etwas Ordnung und Leichtigkeit. Und so erfreut uns das „Amt für jugendkulturelle Szenen“. In der eher steril und verschlossen wirkenden Umgebung eines verstaubten Archivs kann nur derjenige die zusammengestellten Collagen zu den einzelnen Szenen der Jugendkultur entdecken, der sich traut, in den Schubladen der Karteikartenschränke zu schnüffeln und somit rebellisch die Regeln zu brechen. Damit nicht genug: Jeder Besucher kann seine Vorschläge für neue Jugendkulturen einreichen. Er muss lediglich das passende Formular mit Hilfe einer mechanischen Schreibmaschine ausfüllen.
Den bereits erlebten Kapiteln sind nun zwei weitere Abschnitte gegenübergestellt, die sich in eine neue räumliche Gestaltung kleiden: Es wird roh und ursprünglich. Wir betreten ein aus ungehobelten Holzplanken gezimmertes Podest – eingefasst in schwarz-gelbes Klebeband zur Absturzsicherung –, das scheinbar eine Werkhalle oder einen Arbeitsbereich darstellen soll. In diesem Ambiente konzentriert sich die Konzeption anhand dreier ausgewählter Beispiele auf Rollenwechsel, die Mode innerhalb der Gesellschaft erfährt. Präsentiert wird zum einen die Jeans – in all ihrer Vielfalt. Und das ist wörtlich zu nehmen. Der erste Eindruck der Werkhalle erscheint in einem anderen Licht und wird zum Urban-Fashion-Store mit unzähligen Jeansmodellen – vom Urmodell bis zur Designerjeans. Hier kann sich der Besucher zusätzlich zum visuellen Eindruck wahrhaft einen Begriff davon machen, was die Jeans ursprünglich als robuste Arbeiterhose auszeichnete und zudem selbst aktiv werden und einem Exemplar zum Vintage-Look verhelfen. Der andere Inhalt dieses Ausstellungsbereichs konzentriert sich, neben dem Material, aus dem Mode nun mal besteht, auf den zweiten grundlegenden Aspekt: das Muster. Auch hier überlassen die beiden Kuratorinnen Vera Franke und Bitten Stetter nichts dem Zufall und widmen sich vorrangig zwei Mustern, die ursprünglich nicht unbedingt in der Fashion-Welt angesiedelt waren, ihren Weg aber dennoch dorthin gefunden haben: Es geht um schottische Tartans, auch Schottenkaros genannt, wie wir sie alle in unzähligen Formen und Farben kennen. Jedes Muster hat dabei seine eigene Geschichte und Codierung. Es reicht vom „Nova Check“ der Marke Burberry für die Upper Class bis hin zu „Rob Roy“, dessen rot-schwarz gemusterte Tartans für die rebellischen Kilt-Träger stehen. Eigens am Computer kreierte Tartan-Muster können mitgenommen werden – ausgedruckt auf einer Papierkrawatte. Und zu guter Letzt entdecken wir – gut getarnt – das Camouflage-Muster und seine wechselvolle Geschichte von der ersten eigentlichen Verwendung zu militärischen Zwecken bis zur späteren Verstrickung in die Modewelt. Trotz guter Tarnung lässt sich auch hier Freund Zufall leicht als Spieler mit der Aufmerksamkeit des Besuchers entlarven: Die ohnehin schon in sich recht gleichförmigen Puppengesichter sind hier durch mit Tarnfarben gefärbte Haarwuschel zum Schutz vor Identifizierung durch den (Be-)Sucher verhüllt.
Fashion talks! Mode spricht zu uns. Und wer genau hinhört, nimmt auch die Stimme aus dem Off der szenografischen Konzeption wahr – mit ihren liebevollen Details und den ganz eigenen fashion talks.

Bis Februar 2013 wird „Fashion talks!“ des Weiteren im Nürnberger Museum für Kommunikation zu sehen sein.

[lang_de]Sie wollen mehr erfahren? Holen Sie sich PLOT#9[/lang_de][lang_en]You cannot expect reading more? Get issue #9[/lang_en]

 

FACTS

[lang_de]Projekt:

Fashion talks! > www.fashion-talks.de[/lang_de][lang_en]Project:

[lang_de]Ausgabe:

PLOT#9 – Dress the Stage on Fire[/lang_de][lang_en]Issue:

[lang_de]Gestaltung:

Franke | Steinert GbR, Berlin (DE) > www.franke-steinert.de
[/lang_de][lang_en]Design:

Projektleitung:

Dr. Lieselotte Kugler, Gregor Isenbort
Kuratorinnen: Vera Franke, Bitten Stetter

[lang_de]Grafik und Medien:

Kaiser Matthies, Berlin (DE) > www.kaisermatthies.com[/lang_de][lang_en]Graphics and media stations:

[lang_de]Ausstellungsbauten:

LICHTblick Bühnentechnik GmbH, Hohen Neuendorf (DE) > www.lichtblick-buehnentechnik.de[/lang_de][lang_en]Exhibition construction:

[lang_de]Zeitrahmen:

22.03.2012 – 02.09.2012 [/lang_de][lang_en]Time Frame:

[lang_de]Standort:

Museum fur Kommunikation, Frankfurt am Main (DE) www.mfk-frankfurt.de/[/lang_de][lang_en]Organizer:

[lang_de]Fotos:

1 Franke | Steinert GbR, Berlin (DE) > www.franke-steinert.de
2, 3 Dulcineia Gomes, Berlin (DE) > www.dulcineiagomes.com
4 – 6 Franke | Steinert GbR, Berlin (DE) > www.franke-steinert.de
7 Volker Kreidler, Berlin (DE) > www.volkerkreidler.de
8 Kaiser Matthies, Berlin (DE) > www.kaisermatthies.com
9 Volker Kreidler, Berlin (DE) > www.volkerkreidler.de[/lang_de][lang_en]Pictures: